Tschingis Aitmatow
Foto Jutta Schwöbel

Tschingis Aitmatow

Tschingis Aitmatow, 1928 in Kirgisien geboren, arbeitete nach der Ausbildung an einem landwirtschaftlichen Institut zunächst in einer Kolchose. Nach ersten Veröffentlichungen zu Beginn der Fünfzigerjahre besuchte er das Maxim-Gorki-Literaturinstitut in Moskau und wurde Redakteur einer kirgisischen Literaturzeitschrift, später der Zeitschrift Novyj Mir. Mit der Erzählung Dshamilja erlangte er Weltruhm. Tschingis Aitmatow verstarb am 10. Juni 2008 im Alter von 79 Jahren.

Ausführliche Biografie

Tschingis Aitmatow wird 1928 im Dorf Scheker im Talas-Tal in Kirgisien geboren. Seiner Großmutter hat er einen reichen Schatz an Märchen, alten Liedern, Dichtungen und Wahrheiten zu verdanken, immer wieder nimmt sie ihn zu den Sommerlagern der Nomaden mit. 1935 zieht die Familie Aitmatow nach Moskau um, wo Tschingis zur Schule geht. Sein Vater war einer der ersten kirgisischen Kommunisten auf leitendem Posten und interessierte sich lebhaft für Kultur und Literatur. Auch seine Mutter war eine gebildete und aufgeschlossene Frau. Innerhalb der Familie wurde er an die russische Sprache und Literatur herangeführt.

1937 wird sein Vater Opfer der stalinistischen Repression, und die Familie flieht zurück nach Kirgisien, wo sie unter ärmlichsten Verhältnissen ausharrt. 1942 muss Aitmatow wegen des Krieges die Schule verlassen und verschiedene Funktionen in der Verwaltung des Dorfes und des Kreises übernehmen.

Nach dem Krieg gelingt es ihm, den Schulabschluss nachzuholen. 1946 bis 1948 studiert Aitmatow an der Veterinärfachschule in Dshambul, in dieser Zeit beginnt er zu schreiben. Anschließend immatrikuliert er sich an der kirgisischen landwirtschaftlichen Hochschule in Frunse (heute: Bischkek), wo er fünf Jahre lang studiert und, nach 1951, nebenher journalistisch tätig ist. Nach Abschluss der Hochschule arbeitet Aitmatow von 1953 bis 1956 als Tierzüchter auf einer Versuchsfarm, bis er 1956 ans Maxim-Gorki-Literaturinstitut in Moskau wechselt, um dort einen zweijährigen Lehrgang für junge Autoren zu besuchen. Während dieser Zeit erscheint seine erste Erzählung Aug in Auge. Als Abschlussarbeit verfasst er 1958 die von Louis Aragon als »schönste Liebesgeschichte der Welt« bezeichnete Erzählung Dshamilja, die seinen weltweiten literarischen Ruhm begründet. Beide Erzählungen sind bei Erscheinen aus politischen Gründen heftig umstritten: Aug in Auge wegen der Auseinandersetzung mit der Figur eines Deserteurs; Dshamilja wegen der verständnisvollen Zeichnung einer Frau, die mit bestehenden Tabus bricht.

1959 wird er Chefredakteur der Zeitung Literaturnaja Kirgizija (Literarisches Kirgisien). Ab 1960 ist Aitmatow für die Zeitung Prawda als Sonderkorrespondent in Mittelasien und Kasachstan tätig. Aus den Erfahrungen dieser Jahre schöpft er später immer wieder den Stoff für seine Geschichten. 1963 wird Aitmatow mit dem Lenin-Preis für Literatur und Kunst ausgezeichnet, 1968 mit dem Staatspreis der UdSSR. Ab 1967 ist er im Redaktionsbeirat der Zeitschrift Novyj Mir tätig, ab 1974 zudem als Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Kirgisien.

Bis 1965 erscheinen verschiedene Erzählungen (u. a. Du meine Pappel im roten Kopftuch und Abschied von Gülsary). Die 1970 erschienene Erzählung Der weiße Dampfer löst wiederum eine heftige Diskussion aus, da Aitmatow durch den Einbezug von mythischen Motiven und Erzählmustern einen neuen Stil entwickelt. Die kirgisische literarische Tradition mit ihren Epen, Sagen, Volksliedern und Legenden spielt von nun an eine wichtige Rolle in seinem Werk.1983 erhält er den Staatspreis der UdSSR für seinen Roman Ein Tag länger als ein Leben.

Der Roman Der Richtplatz gilt als erstes literarisches Signal der Perestroika, die er an führender Stelle mitgestaltet. 1986 ruft er das internationale »Issyk-Kul-Forum« ins Leben, eine Konferenz von Wissenschaftlern, Künstlern und Politikern aus der ganzen Welt am gleichnamigen kirgisischen See. Von 1988 bis 1990 ist Aitmatow Vorsitzender des Schriftstellerverbands in Kirgisien. 1989 wird er Abgeordneter des Volksdeputiertenkongresses und des Obersten Sowjets, Ende 1989 Gorbatschows Berater.

1990 geht er als Botschafter der UdSSR nach Luxemburg. Im gleichen Jahr erscheint die Erzählung Die weiße Wolke des Tschinggis Chan und ein Jahr später der Dialogband Begegnung am Fudschijama mit Daisaku Ikeda. Von 1995 an ist er Botschafter der Republik Kyrgiyzstan in Brüssel. 1998 erscheinen seine Erinnerungen Kindheit in Kirgisien. Sein letzter Roman, Der Schneeleopard, wird 2006 auf Deutsch veröffentlicht. Darin verbindet Aitmatow die alte kirgisische Tradition der Legendenerzählung mit der Realität des 21. Jahrhunderts.

Für sein Werk hat Aitmatow zahlreiche Auszeichnungen im In- und Ausland erhalten, unter anderem den Friedrich-Rückert-Preis (1991) und den Österreichischen Staatspreis für Literatur (1994).

Am 10. Juni 2008 verstirbt Tschingis Aitmatow im Alter von 79 Jahren in Nürnberg.

Stimmen

»In einer suggestiven, farbigen Sprache wird die Verflechtung des Menschen mit dem kreatürlichen Dasein beschworen, mit dem Wechsel der Jahreszeiten, mit dem Ablauf aller Naturvorgänge. Den Zusammenprall mit dieser Welt hat Aitmatow meisterlich gestaltet.«

Neue Zürcher Zeitung

»Die Kreise des kirgisischen Schriftstellers, dessen frühe Novellen nun schon über zwei Lesergenerationen die Atemlosigkeit menschlicher Erfahrung mit dem Leid des Krieges, der Zerstörung der Kindheit, der Liebe, der Familie in Erinnerung rufen, sind weltumspannend.«

Reinhold Lindner, Freie Presse, Chemnitz

»Aitmatow ist ein Geschichtenerzähler im besten Sinne, ein Meister der Stimmungen, der mir die ferne und fremde Wirklichkeit der kirgisischen Steppen nahebringt.«

Gerhard Schröder, Welt am Sonntag

»Er ist das Gesicht und die Stimme aus der Steppe Kirgisiens. Seit Jahrzehnten beschenkt uns Tschingis Aitmatow mit Geschichten aus seiner Heimat, in denen die Sorge um das Gefüge der Welt durchschimmert. So wie die Schamanen jeder Kreatur unter dem Sternenzelt eine Aufgabe zuerkennen und in allem Kleinen einen Teil des großen Ganzen sehen, so entwirft er seine großen Gleichnisse, baut sie mit den Mythen und Mustern aus dem Erzählgut seiner Ahnen, läßt dabei immer die Welten aufeinanderstoßen.«

Claus Biegert, Bayerischer Rundfunk, Bayern 2, München

»Derart herzlich empfangen zu werden, davon können viele Schriftsteller wohl nur träumen. Und selbst einen so gefeierten Autor wie Tschingis Aitmatow rührt es deutlich an, wenn ihn die Beifallswoge auf seinem langen Gang mitten durchs Publikum hoch oben im repräsentativen Dresdner Haus des Buches zum Lesetisch begleitet.«

Gabriele Gorgas, Dresdner Neueste Nachrichten

»Der Duft Kirgisiens nimmt uns gefangen, der poetische Zauber jeder Zeile. Als ›Sänger der Berge und Steppen‹, als großartiger Erzähler kann und will Aitmatow nicht verleugnen: Seine Heimat ist Kirgisien.«

Stuttgarter Zeitung

»Tschingis Aitmatow wurde mit seiner Novelle ›Dshamilja‹ weltweit berühmt.«

Buchreport

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    Werke von Tschingis Aitmatow

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    Drei Märchen aus der Feder von Tschingis Aitmatow, wie er sie seinen Kindern erzählte.

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    Tschingis Aitmatow betrachtet die Welt mit den Augen der Tiere.
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    Drei große Autoren erzählen von der Kraft und Vitalität des Schamanismus.

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    »Aitmatow gelang eine Parabel von der Welt, von längst verschütteten Kräften im Menschen.« Frankfurter Allgemeine Zeitung
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    Für beide scheint es keinen Platz mehr zu geben – weder für den alten Schneeleoparden Dschaa-Bars noch für den unabhängigen Journalisten Arsen, der gegen Oligarchen und Fanatiker anschreibt.
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    »Der Duft Kirgisiens nimmt uns gefangen, der poetische Zauber jeder Zeile.« Stuttgarter Zeitung
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    Drei Liebesgeschichten, die zu den schönsten der Weltliteratur gehören, in einem Band vereint.
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    »Aitmatow macht seinem Ruf als Steppen- und Gebirgspoet mit den Erinnerungen an seine Kindheit wieder alle Ehre.« Dresdner Nachrichten
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    »Ein großartiges Stück Literatur, das einen nachts nicht schlafen lässt.« konkret
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    Eine rätselhafte Erscheinung bringt die Menschheit in Aufruhr. »Mein persönliches Echo auf die Zeit nach der Perestroika.«
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    »Großvater Momun und sein Enkel gehören zu den faszinierendsten Paaren der Weltliteratur.« Freitag
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    Tschingis Aitmatows geistiges Vermächtnis
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    Ein Hauptwerk von Aitmatow, in der erweiterten Fassung mit der Legende Die weiße Wolke des Tschinggis Chan.

    »Angesichts des Wirbels von Ereignissen habe ich begriffen, dass ich den Roman heute anders schreiben würde, ohne etwas zu vereinfachen, ohne mich zu zügeln.« Tschingis Aitmatow

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    »Prosa-Edelsteine aus Kirgisien.« St. Galler Tagblatt
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    Die unzensierte, vollständige Fassung von Aitmatows Erstling, ein Jahr vor Dshamilja erschienen. Mit einem Vorwort des Autors.
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    »Ich schwöre es, die schönste Liebesgeschichte der Welt.« (Louis Aragon) In der autorisierten Neuausgabe mit einem Vorwort von Tschingis Aitmatow
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    »Ein großes Epos der Untergänge, ein kraftvoller Roman.« Westfälischer Anzeiger
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    »Ein Buch, das man erst aus der Hand legt, wenn man die letzte Zeile verschlungen hat.« Bücherbrief
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    »In Tanabais Schmerz offenbart sich das ganze Geheimnis Aitmatowscher Prosa.« Stuttgarter Zeitung
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    Zum 80. Geburtstag von Tschingis Aitmatow: Das gesamte erzählerische Werk
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    Die Ergänzung zum Roman »Ein Tag länger als ein Leben« als Einzelausgabe: Eine Legende um Tschinggis Chan, der auf dem Weg zur Weltherrschaft von einer Fahnenstickerin zu Fall gebracht wird.
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    Tschingis Aitmatow erzählt von seiner Jugendzeit in Kirgisien, über sein Heimatdorf Scheker, von den harten Erfahrungen unter Stalin und seinen Anfängen als Schriftsteller.
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    »Aus Aitmatows Tiergeschichten spricht eine innere, intuitive Verbundenheit.« Der Oberhasler